Am gestrigen Montag hatten Schülerinnen und Schüler zwei 6. Klassen des Kopernikus Gymnasiums die Möglichkeit, sich auf ganz besondere Weise mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinanderzusetzen. In einem Workshop mit anschließender Lesung wurde Geschichte lebendig – durch Biografien, persönliche Erzählungen und kreative Arbeit. Die Veranstaltung fand anlässlich des 9. Novembers statt, dem Jahrestag der Reichspogromnacht.
Im Mittelpunkt des Workshops standen die Biografien von drei jungen Menschen, deren Leben auf unterschiedliche Weise durch politische, rassistische und antisemitische Verfolgung durch die Nationalsozialisten geprägt war. Die Schülerinnen und Schüler setzten sich hier anhand von Fotos, Zitaten und Videos intensiv mit den Schicksalen der drei auseinander. Alle hatten Verbindungen nach Hamburg oder zum Konzentrationslager Neuengamme, was den Lernenden einen regionalen Bezug vermittelte.
Ein zentrales Element des Workshops war die Reflexion über Handlungsspielräume in der NS-Zeit: Wer waren die Helfer, die Täter und die Mitläufer? Welche Entscheidungen prägten das Leben der drei Porträtierten? Themen wie Angst, Traurigkeit, aber auch Zuversicht machten es den Kindern leicht, Verbindungen zu ihrer eigenen Lebensrealität herzustellen. Gleichzeitig lernten sie die globale Dimension des Zweiten Weltkriegs und die Eingriffe in das Alltagsleben in Deutschland und den besetzten Gebieten kennen – ein umfassender, aber sensibler Ansatz, der die Schrecken der Vernichtungspolitik nicht explizit und dennoch unmittelbar behandelte.
Ein Höhepunkt war die sich anschließende Lesung der niederländischen Kinder- und Jugendbuchautorin Martine Letterie, die aus ihrem Buch „Kinder mit Stern“ vorlas, welches die Kinder im Unterricht behandeln. Darin schilderte sie die Geschichte von sechs Kindern, die unter der Besatzung der Niederlande durch Nazi-Deutschland lebten. Besonders bewegend war hierbeit für die Schülerinnen und Schüler: Einer der Jungen aus der Geschichte, Frank, ist der Vater der Autorin. “Diese persönliche Betroffenheit habe ich den Schülerinnen und Schülern angemertk”, bemerkte die Initiatorin und Deutschlehrerin Sabine Storch im Nachgang.
In einem offenen Dialog beantwortete Martine Letterie die Fragen der Kinder – über das Leben in den Niederlanden während der Besatzung, ihre Recherchearbeit und die Entwicklung der Charaktere. Sabine Storch zeigte sich begeistert: „Die Verbindung aus Biografiearbeit, kreativem Gestalten und persönlicher Begegnung mit der Autorin hat die Kinder tief bewegt. Wir werden uns bemühen, das Angebot auch im kommenden Schuljahr an unsere Schule zu holen.“ Das Programm hat nicht nur die Vergangenheit greifbar gemacht, sondern auch einen wichtigen Impuls gegeben, um Geschichte und Menschlichkeit miteinander zu verbinden – eine Erfahrung, die lange nachwirken wird.